Hans-Heinrich Jörgensen
Ein
ausgewiesener Experte in Sachen Schüßler-Salz-Therapie. Jörgensen ist
Heilpraktiker seit 1962 und Vizepräsident des Biochemischen Bundes
Deutschlands. Viele Jahre war er Mitglied der wissenschaftlichen Aufbereitungskommission
für Mineralstoffe und Vitamine beim Bundesgesundheitsamt.
Eisen (Ferrum = Fe ) ist ein zwei-, drei- oder sechswertiges
Kation
mit der Atommasse 55,85 und der Ordnungszahl 26.
Dichte 7,86 g/ccm, Schmelzp. 1536 C., Siedetemp. 3000 C.
Silberweißes, zähes, weiches Metall.
Vorkommen: Magnetit, Hämatit, Limonit, Siderit, Pyrit,
Magnetopyrit, Olivin
Wir leben weder in der Kunststoff- noch in der Atomzeit, wir leben
geschichtlich gesehen immer noch in der Eisenzeit. Jeder von uns kennt jene
hervorstechende Eigenschaft des Eisens, für die er sich in jungen Jahren
irgendwann eine kräftige "Watschen" eingehandelt hat: das schöne
blanke Fahrrad wurde nach einer Regenfahrt im Keller häßlich
braunfleckig.
Ich denke, der liebe Gott hat bereits ein Fahrrad besessen, ehe er den
Menschen schuf, zumindest wußte er um diese Eigenschaft. Er hat nämlich eine
Menge Eisen in unser Blut gemischt, damit es denn in der Lunge, genau wie das
Fahrrad im Keller, kräftig rosten möge, nämlich Sauerstoff und Eisen zu
Eisenoxid verwandeln. Mit dem Blut wird dann der Sauerstoff überall hin in den
Körper transportiert, wo er zur Verbrennung nötig ist. Keine Verbrennung ohne
Sauerstoff. Sie kennen alle das Schulexperiment mit dem umgestülpten Wasserglas
über der brennenden Kerze, die daraufhin erlischt. Auch ohne, daß Wasser im
Glas war.
Eisen ist für den Sauerstofftransport wie auch für die
Sauerstoffauswertung unerläßlich. Die Enzyme der Atmungskette, die
Cytochromoxidasen, und der Muskelfarbstoff Myoglobin, alles enthält
Eisen.
Ein Eisenmangel führt zur Blutarmut, ein Mangel an Vitamin B 12
allerdings auch. In allen Lehrbüchern der inneren Medizin wird die
Eisenmangel-Anämie als die häufigste Form der Anämie bezeichnet. Nach meinen
Untersuchungen ist die Vitamin-B12-Mangel-Anämie heute jedoch viel
weiter verbreitet. In den gleichen Lehrbüchern ist kurioserweise auch der
Normwert des Hämoglobins, des eisenhaltigen Blutfarbstoffes, für Frauen stets
niedriger angegeben als für Männer. Richtig ist, daß Frauen in ihrer
Fruchtbarkeitsphase stets etwas weniger Hämoglobin haben als Männer, weil sie
regelmäßig Blut verlieren. Aber diesen Mangelzustand als Norm festzumauern
zeigt doch, wie fragwürdig unsere sogenannten Normwerte eigentlich sind. Ich
glaube nicht, daß der Sauerstoffbedarf und die Transportkapazität bei Frauen anders
als bei Männern ist.
Zu nicht blutungsbedingten Eisenmängeln kommt es durch Ernährungsfehler.
Zuviel eisenarme Kuhmilch macht bei Kindern Mangelerscheinungen.
Komplexbildner, wie Oxalate, Phytine, Fluor und Blei, Kohlenmonoxid, Pankreatin
und vor allem Antibiotika, binden Eisen unlöslich an sich, so daß es nicht mehr
zur Verfügung steht. Der Komplexbildner allerdings auch nicht. Das bedeutet,
daß Antibiotika und Eisen nicht zusammen gegeben werden dürfen, sollen nicht
beide ihre Wirkung einbüßen. Manche behaupten gar, seit wir die Bratkartoffeln
in der Teflonpfanne braten und nicht mehr in der Eisenpfanne wenden, nähme die
Blutarmut zu. Bei einem Eisenmangel sollte man auch an Darmparasiten denken,
früher obligatorisch in der Kindheit, heute fast vergessen.
Unsere Großmütter hatten ein preiswertes Hausmittel gegen die
Eisenmangel-Anämie. Sie hatten ja noch nicht an jeder Kreuzung vier Apotheken
und mußten in der weit entfernten königlich privilegierten Hof-Apotheke ihre
Arznei teuer selbst bezahlen. Im Herbst nach der Apfelernte stellten sie eine
Stiege Äpfel an die Seite, steckten in jeden Apfel zwei bis drei alte Nägel aus
Großvaters Werkstatt und ließen das ganze ein Weilchen stehen. Die häßlichen
braunen Flecken, die sich um die Nägel bildeten, waren nichts anderes als
Ferromalat, eine gut bekömmliche Eisen-Apfelsäure-Verbindung, wie man sie heute
teuer in bunten Weichgelatine-Kapseln kaufen kann. Wer im Frühjahr die Äpfel
aß, hatte ganz preiswert seine Anämie bekämpft. Aber wichtig: die Nägel vorher
herausziehen. Übrigens: Der Bundesgesundheitsminister hat mich nicht für diesen
Tip bezahlt.
Auch die Haut mitsamt den Haaren und Nägeln braucht Eisen. Ein Mangel
zeigt sich darum zuerst durch Zungenbrennen, Schrunden an den Mundwinkeln und
Schluckbeschwerden.
Die routinemäßige Laboruntersuchung des freien Eisens im Serum macht
wenig Sinn. Nur ein Bruchteil des Eisens ist im Serum, das meiste steckt in den
roten Blutkörperchen, in der Leber, der Milz und im Knochenmark. An den
Mikrogramm-Spuren im Serum läßt sich wenig erkennen. Ein Mangel wird erst
angezeigt, wenn alle Depots erschöpft sind. Ein zuviel ist meistens als
technischer Fehler zu werten. Das Blut fließt bei der Entnahme ja durch eine
Eisenkanüle, und der Gummistopfen, der das Reagenzglas verschließt, ist
eisenhaltig. Zudem schwankt der Serumspiegel im Tagesverlauf stark.
Zweiwertige Eisenverbindungen werden besser resorbiert, jedoch lassen
sich therapeutisch auch dreiwertige verwenden. Das Eisen wird im Zuge der
Resorption und Verwertung mehrfach oxidiert und wieder reduziert.
In der Schüßlerschen Biochemie hat sich die Nummer 3, Ferrum
phosphoricum, seit über 120 Jahren vor allem als Entzündungsmittel eingebürgert
und bewährt. Zunächst zum Gespött der Medizin, heute lacht niemand mehr darüber.
Im Gegenteil, ganz selbstverständlich wird nach Infektionen zur Rekonvaleszenz
Eisen verordnet.
Diese Anwendung zeigt wieder einmal, wie präzise Schüßler beobachten
konnte. Sein Erklärungsmodell von den erschlafften Ringmuskeln ist überholt,
und wir sollten es nicht immer wieder ausgraben. Richtig ist aber, daß die
Freßzellen, die Phagozyten, zum "Knacken" eines Bakteriums auf die
Anwesenheit freier Eisen-Ionen angewiesen sind. Ohne Eisen keine Phagozytose.
Übrigens: auch die Anwesenheit freier Sauerstoff-Radikale, von denen wir heute
so tun, als seien sie der leibhaftige "Gott-sei-bei-uns", ist für die
Freßtätigkeit der weißen Blutkörperchen notwendig.
Und schließlich binden freie Eisen-Ionen die Bakterien-Toxine, jene
Ausscheidungsgifte der Bakterien, die die typischen Zeichen einer
Infektionskrankheit erst machen. Eisen hat sich also wirklich und zu Recht als
Entzündungsmittel bewährt.