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Drachenwut's PolitikblogPolitische KorrektheitPolitische Korrektheit (dengl. pollitickel koräktnäss) ist heutzutage, dass logisch-auf sich beruhende Gegenteil von faktischer Korrektheit. |
Der
Westen will die Kontrolle über den Erdölreichtum Libyens an sich reissen
Interview mit dem Direktor des Zentrums für
Forschung zur Globalisierung (CRG) Prof. Michel Chossudovsky
Die libyschen Revolutionäre haben den Krieg
in dem erdölreichen nordafrikanischen Land noch gar nicht gewonnen, da
diskutieren die westlichen Mächten bereits etwa darüber, dass die
Übergangsregierung in der Ära nach Gaddafi die Erdölverträge erfüllen müsse.
Wären die USA und ihre NATO-Verbündeten auch
bereit, im Falle interner Streitigkeiten in der libyschen Krise ihre
Erdölinteressen mit Bodentruppen durchzuzusetzen? In einem Interview mit Press TV erläutert Michel Chossudovsky,
Direktor des Zentrums zur Forschung zur Globalisierung, die derzeitigen
Entwicklungen. Im Folgenden lesen Sie einnTeil des Interviews in
deutsch.
Press TV: Die Westmächte haben
erklärt, die internationale Gemeinschaft werde den
politischen Übergang zu einem freien und demokratischen Libyen unterstützen. Welche Form wird diese »Unterstützung« annehmen? Soll Libyen eine »Demokratie nach westlichem Vorbild« aufgezwungen
werden? Was bedeutet das für die libysche Bevölkerung? Die gleiche Sprache
und die gleichen Begriffe waren auch zu hören, als sie
vor zehn Jahren Afghanistan und vor acht Jahren den Irak angriffen. Die
Vereinigten Staaten beharren immer noch darauf, dass ihre Soldaten Immunität
vor Strafverfolgung genießen sollten. Womit
ist in Libyen zu rechnen?
Chossudovsky: Man muss sich sowohl das Wesen
dieser Militäroperation und die verdeckte nachrichtendienstliche Steuerung der
Rebellen, als auch die massiven Luftangriffe auf die
zivile Infrastruktur, Wohngegenden sowie Schulen, Universitäten und
Krankenhäuser bewusst machen, die in den letzten Monaten stattgefunden haben.
Gerade
in den letzten Tagen wurde Tripolis in den Nächten praktisch ununterbrochen von
Luftangriffen heimgesucht. Wir haben es hier mit etwa
20.000 militärischen Lufteinsätzen, davon 8.000 Kampfeinsätze, zu tun.
Wir erleben mit anderen Worten in den letzten Monaten und vor allem in den
letzten Wochen die Zerstörung eines ganzen Landes, die sich sehr gezielt gegen
die Infrastruktur und seine Institutionen richtet und der viele Zivilisten zum
Opfer fallen.
Die westliche
»prodemokratische« NATO unterstützt Rebellen genauso, wie sie Staatschefs und
Regierungschefs unterstützt hat. Es klebt Blut an ihren
Händen, viel Blut, denn auf ihr Konto geht der Tod zahlreicher Frauen und
Kinder.
Unser Korrespondent hat vor
wenigen Stunden noch aus dem Hotel Rixos berichtet. Einige
seiner Journalisten-Kollegen und er seien aus dem Hotel herausgebracht worden.
Sie wurden dort befreit, nachdem sie dort mehrere Tage
festgehalten worden waren. Sie befinden sich nun in
Sicherheit.
Aber um
es einmal deutlich zu sagen, nach meinem Verständnis handelt es sich hier nicht
um eine Revolution. Es handelt sich um von der NATO ausgebildete
Bewaffnete und um mit al Qaida in Beziehung stehende paramilitärische Kräfte
und Söldner. Sie besitzen in der libyschen
Zivilgesellschaft kaum Rückhalt. Dabei geht es nach meiner Ansicht
überhaupt nicht darum, ob man auf der Seite des Gaddafi-Regimes steht oder nicht. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist gegen den Aufstand, und es sind vor allem die
NATO-Luftangriffe, die die Rebellion am Leben erhalten. Und diese Luftangriffe sind ein Verbrechen, um es einmal deutlich zu sagen. Sie
verstoßen gegen das Völkerrecht, und vor allem sind
ihre Auswirkungen kriminell: die Tötung von Kindern, von Menschen in ihren
eignen Wohnungen und Häusern. Das ist alles gut
dokumentiert.
Das besonders
Verbrecherische an diesem Vorgehen ist aber, dass
dieser Krieg gegenüber den Medien als »humanitäres Eingreifen« dargestellt
wird.
Die Wirklichkeit wird auf
den Kopf gestellt. Man will uns glauben machen, Krieg
sei Frieden. Die Lüge wird zur Wahrheit, das ist das
Wesentliche der derzeitigen Ereignisse.
Press TV: Viele westliche Statten wie Frankreich sprechen vom Erfolg der
Operation und von ihrer Anstoßwirkung auf die gesamte Region. Aber birgt die
Art und Weise, wie diese Operation durchgeführt wird, nicht die Gefahr, dass
die »Schutzverantwortung«, die sogenannte »Responsibility to Protect« aus
humanitären Erwägungen heraus, für die Durchsetzung eigener Interesse
missbraucht wird? Und was ist mit der
Schutzverantwortung gegenüber der Bevölkerung des Jemens, Bahrains oder
Saudi-Arabiens? Wenn [die Schutzverantwortung] jetzt die Grundlage [der
Politik] bildet, warum gehen sie dann nicht auf die Lage in diesen Ländern ein?
Warum richtet sich das Vorgehen nur gegen Syrien, wie der französische
Staatspräsident Sarkozy bei seinem Treffen mit dem Nationalen Übergangsrat
erklärte?
Chossudovsky: Wie Sie vielleicht wissen, setze ich
mich seit mehr als 30 Jahren mit Diktaturen
auseinander, ich habe lange in Lateinamerika gelebt.
Die USA haben sich nie um
die Taten der Diktatoren gekümmert. Tatsächlich haben die USA selbst Diktatoren
an die Macht gebracht. Solange die Diktatoren den Befehlen [der USA] folgen und
sozusagen Koloniestatus behalten und den amerikanischen Interessen dienen,
solange können sie der Unterstützung [der USA] sicher sein.
So war
die Situation unter dem Pinochet-Regime in Chile, und so war es auch im
Falle Argentiniens, Brasiliens und Mittelamerikas.
Aber wir müssen uns das
Wesen dieser Militäroperation in Libyen vor Augen führen: Diesen Aufstand würde
es ohne die NATO nicht geben. Weder in politischer, noch in militärischer
Hinsicht gäbe es diese Rebellion ohne die NATO nicht.
Wir müssen uns klar machen,
dass die Sondereinsatzkräfte der NATO, natürlich verdeckt, bereits innerhalb
der Rebellion vor Ort am Boden aktiv sind. Das sind erfahrene bewaffnete Einheiten. Hinzu
kommen noch Söldner sowie paramilitärische Gruppen und andere Bewaffnete.
Zöge sich die NATO zurück,
würde der Aufstand schnell in sich zusammenbrechen. Meiner Ansicht nach wird
diese Einschätzung von allen Militärexperten geteilt.
Aber dann stellt sich jetzt
die grundlegende Frage, und sie wird in den USA bereits diskutiert und in den
Planungsstäben des Pentagon und der NATO erörtert: Wird es zum Einsatz von
Bodentruppen kommen? Sie sind ja schon aktiv, aber
sollen sie nun offiziellen Charakter [, ein offizielles Mandat] erhalten? Die
Apache-Hubschrauber sind bereits dort, ebenso wie die
Sondereinsatzkräfte.
Im Mittelmeer werden
bereits massiv Marineinfanteristen zusammengezogen, etwa auf den Schiffen der
Trägerkampfgruppe um den Flugzeugträger USS George H.W. Bush, der, wie
gerade bekannt wurde, im Mittelmeer kreuzt.
Im Falle eines Bodenkrieges
würden alliierte Kräfte an den libyschen Stränden an
Land gehen.
Wenn man sich die Szenarien
vor Augenführt, glaube ich nicht, dass die Rebellionen ohne äußere
Unterstützung auf sich allein gestellt lange
durchhielten. Sie verfügen nicht über militärische
Kapazitäten und Fähigkeiten und dürften kaum in der Lage sein, eine
funktionierende Regierung aufzubauen.
Es ist daher damit zu rechnen, … dass die Sondereinsatzkräfte der NATO dort vor
Ort bleiben werden, und sogar, vielleicht nicht offiziell, noch durch weitere
Truppen ergänzt werden. Möglicherweise werden sie wie im Irak im Jahr 2003 eine
provisorische libysche Regierung an die Macht bringen, die aus Personen
besteht, denen sie trauen können. Vielleicht schwebt ihnen aber auch die
Errichtung eines Scheichtums in Libyen wie in Saudi-Arabien oder
den Scheichtümern des Persischen Golfes vor.
Auf jeden Fall geht es langfristig um die neokoloniale Zurückeroberung
nicht nur Libyens, sondern des gesamten afrikanischen Kontinents. Dies schließt
die Militarisierung des afrikanischen Kontinents über AFROCOM [United States
African Command nahm als jüngstes Regionalkommando der
amerikanischen Streitkräfte im Oktober 2008 seine Arbeit auf. Das Hauptquartier befindet sich in Stuttgart, Deutschland.] mit ein. Dies ist wesentlicher
Bestandteil der Planungen...
Vor einigen Jahren wurde
mir im Rahmen eines öffentlichen Vortrags eine Frage zum Irak gestellt.[Sie lautete:] »Aber Professor, wir brauchen doch dieses
Erdöl.« Das ist der Kern der westlichen Position: »Wir brauchen das Erdöl.«
Ich antwortete: »Dann
sollten Sie es kaufen, aber nicht stehlen.«
Aber genau aus diesem Grund
sind die westlichen Erdölkonzerne bereits vor Ort, sie
haben sich dort schon in Position gebracht.
Der libysche
Erdölkonzern war ein äußerst wichtiges Staatsunternehmen, das den Interessen
der libyschen Bevölkerung dienen sollte. Aus seinen Gewinnen wurde die wirtschaftliche
Entwicklung finanziert. Jetzt soll es übernommen, privatisiert und an den französischen Erdölkonzern Total und andere westliche
Erdölkonzerne übergeben werden.
Mit meiner Antwort auf die
eben genannte Behauptung meinte ich: »Wenn Sie Erdöl benötigen, dann sollten
Sie es auf den Märkten kaufen und die Tatsache akzeptieren, dass sich mit mehr
als 60 Prozent der größte Anteil der weltweiten Erdölreserven in moslemischen
Staaten befindet und den Bevölkerungen dieser Länder gehört.«
Sie
können das Erdöl kaufen, sie müssen nicht in diese Länder einmarschieren und
ihnen das Erdöl stehlen. Aber genau das passiert gerade; so war es im Irak und
jetzt geschieht das gleiche in Libyen.
Quelle: presstv
Deutsche Übersetzung: kopp-online
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