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Drachenwut's Politikblog
Politische Korrektheit
Politische Korrektheit (dengl.
pollitickel koräktnäss) ist heutzutage, dass logisch-auf sich beruhende Gegenteil
von faktischer Korrektheit. |
Demokratie: Dogmen ohne
Hand und Fuss
Von kh
Wir schütteln unsere Köpfe über die Verblendung der Vergangenheit. Als
Völker in den Krieg zogen, um andere Völker mit dem Kreuz Christi zu beglücken.
Und wieder andere mit „Feuer und Schwert“ den Islam zu verbreiten versuchten.
So etwas gibt es heute natürlich nicht mehr. Heute töten und sterben Menschen
aus anderen Gründen. Heute lautet der Schlachtruf: „Demokratie!“ Hören oder
lesen wir von bösen Diktatoren, die ihrem Volk das bedeutendste aller
Grundrechte, das Recht auf Mitbestimmung, verwehren, so ist unser Urteil ebenso
rasch gefällt wie einst über Heiden und Götzendiener. Und wehe dem der da
zweifelt. „Wir werden keine frevelhaften Verschwörungstheorien dulden!“,
brüllte George W. Bush in die Welt hinaus, als Bedenken bezüglich des
Wahrheitsgehalts der Al-Kaida-Predigt laut wurden.
Die meisten von uns waren noch nicht geboren, als die Gräuel des Zweiten
Weltkrieges ihr Ende genommen hatten – und damit auch die wirtschaftlichen
Probleme der Vorkriegszeit. Es gab Wiederaufbau. Es gab Arbeitplätze. Es boten
sich Geschäftsmöglichkeiten. Und, zumindest westlich des Eisernen Vorhanges,
durften die Menschen über ihre Zukunft selbst bestimmen. Gut, vielleicht nicht ganz.
Sie duften zumindest regelmäßig zu den Urnen schreiten.
Demokratisch gewählte Politiker gaben ihr Bestes, um Wohlstand für die
Bürger der Gegenwart ebenso zu garantieren wie eine gesicherte Zukunft! Die
klügsten Köpfe der Welt hatten ein Finanzsystem ausgearbeitet, das den Märkten
die notwendige Liquidität bescherte. Mit Staunen durfte die Welt die
Errungenschaften in diesen glorreichsten aller Zeiten erleben. Die Menschheit
erfüllte sich den Jahrtausende alten Traum einer Reise auf den Mond. Gleichzeitig
wurden für den gemeinen Bürger immer exotischere Urlaubsdestinationen
erschlossen. In regelmäßigen Zeitabschnitten wurden gigantische
Sportveranstaltungen zelebriert, durch welche die Völker aller Kontinente
Vereinigung finden sollten. Die Unterhaltungsindustrie brachte Barden hervor,
die für Hunderte von Millionen zum Idol wurden. Wahrlich, wahrlich, was mehr
hätte sich der Mensch erträumen können? Und noch lange schien kein Ende des
Fortschritts, des Wachstums, der Verbesserungen in Sicht. Was versprachen die
Zukunftsforscher der 1970er-Jahre nicht alles für das 21. Jahrhundert. Zwanzig
Arbeitsstunden pro Wochen sollten ausreichen, um ein über alle Maßen
komfortables Leben zu genießen. Roboter würden die Hausarbeit erledigen. Autos
würden ganz von selbst ihr Ziel finden. Elektronisch gesteuerter Verkehr würde
Unfälle zu einem Relikt einer barbarischen Vergangenheit werden lassen. Nicht
zu reden von den erwarteten Errungenschaften der Medizin.
Das bittere Erwachen kam nicht über Nacht. Zumindest nicht für
diejenigen, die sich die Mühe machten, einen Stift zur Hand zu nehmen, um
nachzurechnen, wie viele Jahre es wohl dauern würde, bis nicht einmal mehr die
Zinsen für die Staatsschulden aufzutreiben wären. Den gemeinen Bürger
interessierte so etwas natürlich nicht. Der wusste nämlich noch lange nicht,
und viele wissen es auch heute noch nicht, wo Geld überhaupt herkommt. Solange
wir in einer Demokratie leben, wird schon alles seine Richtigkeit haben. Sprach
man vor gar nicht so langer Zeit noch mit Experten, so erklärten sie das
bestehende System als in alle Ewigkeit funktionierend. Das Zauberwort lautete
einst: „Deficit-Spending“, und danach immer noch: „Wachstum“.
Der Bürger vertraute dem System aber nicht nur deswegen, weil er seine
Volksvertreter ja schließlich selbst auswählen durfte, es gab und gibt ja auch
noch die „freie Presse“. Eine Unzahl idealistischer Journalisten schaut den
Mächtigen also regelmäßig auf die Finger. Skandal um Skandal wurde und wird
aufgedeckt. Eine wahre Demokratie basiert ja schließlich auch auf Transparenz.
Nachdem sich in der Demokratie alles nach dem Willen des Volkes richtet,
so müssen wir davon ausgehen, dass jede soziale oder demographische Veränderung
letztendlich auch dem Volkeswillen entspricht. Nur unverbesserliche Verschwörungstheoretiker
– die Ketzer
der Neuzeit – faseln darüber, dass es angeblich Institute wie Tavistock geben könnte, in denen Umerziehungspläne ausgearbeitet werden, die dann
durch Medien sowie die Film- und Unterhaltungsindustrie Anwendung finden.
Umerziehung! So ein Unsinn. Nur weil der Mehrheit von uns endlich das Licht
aufgegangen ist, weil wir endlich erkennen, dass praktisch alles, was unsere
Vorfahren dachten, taten, anstrebten, zu verstehen glaubten, falsch war, will
uns jemand einreden, dass wir Opfer einer groß angelegten Manipulationskampagne
sind?
Niemand ist manipuliert. Wir leben im Informationszeitalter. Und alles
geschieht so wie es das Volk sich wünscht – und zwar aus eigenem Antrieb.
Leider ist noch nicht die ganze Welt befreit. Aber Schritt um Schritt
kriegen wird das hin. Da gab es doch auch diesen Saddam Hussein, diesen verbrecherischen
Diktator, der es doch tatsächlich gewagt hatte, sich gegen Kurdenaufstände
durch Waffengewalt zur Wehr zu setzen. Das dürfen nur die Türken, die schon vor
Jahrzehnten zur Demokratie bekehrt wurden. Darauf zu bestehen, dass Ölquellen
im Staatsbesitz verbleiben, ist im demokratischen Sinne einer Blasphemie
gleichzusetzen. (Hugo Chavez wurde zwar mehrheitlich gewählt, doch mit den
Geboten der Demokratie scheint er nicht wirklich vertraut zu sein.) Dass im
Irak über eine Million Menschen ihr Leben verloren, während ausländische Armeen
unter Führung der Vereinigten Staaten das Land endlich von seinem tragischen
Schicksal erlösten, dabei handelt es sich um unvermeidliche Kolalateralschäden.
Saddam war böse. „So steht es geschrieben!“ Nicht in der Bibel. Dafür aber in
der Zeitung.
Und nicht nur, dass das irakische Volk, also der Teil davon, der die
Befreiung überlebt hat, nun endlich auch die Vorteile der Demokratie genießen
darf, wie viele Arbeitsplätze wurden durch die Waffenproduktion geschaffen? Deswegen
liefert ja auch der Bürger voller Begeisterung sein halbes Einkommen an den
Staat ab. Nicht nur, um die Zinsen für die Schulden zeitgerecht zu begleichen,
sondern auch, um Arbeitsplätze zu schaffen. Und sobald ein junger Amerikaner,
der heldenhaft sein Vaterland in irgend einem entfernten Winkel der Welt
verteidigt, vom Widerstand – pardon: von Terroristen - in die Luft
gesprengt wird, bietet sich gleichzeitig schon wieder ein neuer Arbeitsplatz.
Demokratie ist doch etwas Herrliches. Dafür lohnt es sich doch wirklich, sein
Leben einzusetzen.
Über wie viele Jahrhunderte sind Menschen blind den christlichen Dogmen
gefolgt? Aus Angst vor der Hölle und aus Hoffnung auf ein Paradies? Wie dumm
diese Menschen doch damals gewesen sein müssen. Demokratie, so heißt die wahre
Ideologie. Wenn sich diese erst einmal über die ganze Welt verbreitet haben
wird, dann – ihr werdet schon sehen – dann haben wir das Paradies hier auf
Erden. Dann brauchen wir auch keine Heiligen mehr, denn Bill Gates und Warren
Buffet leben schließlich in unsere Mitte. Wir brauchen auch keine Erzengel,
denn die Herren über die Märkte wandeln ja schon jetzt auf unserem Planeten und
in ihren Adern fließt richtiges Blut.
Hartz-IV-Empfänger, Arbeitslose, Unterbezahlte, Obdachlose, das sind
jene Menschen, denen es am Glauben an die Demokratie fehlt. In unverzeihlicher
Verblendung haben sie die falsche Ausbildung absolviert oder auch gar keine,
haben sich den falschen Idealen verschrieben. Oder sie sind einfach nicht mit
den Fähigkeiten ausgestattet, um in diesem faszinierenden Wettkampf um den
besseren Arbeitsplatz zu bestehen.
„Das Geld ist der Gott
unserer Zeit und Rothschild sein Prophet!“, erkannte Heinrich Heine schon vor
fast zwei Jahrhunderten. So richtig manifestieren ließ sich der neue Gott aber
erst, als auch die passende Religion dazu entstanden war. Und Religionen werden
erst dann zu effektiven politischen Instrumenten, wenn die Zahl derer, die
ihnen bedingungslos und blind vertrauen, auch groß genug angewachsen ist.
Was die Zahl der Gläubigen betrifft, so steht Demokratie mit Sicherheit bereits
an erster Stelle. Im Namen des Kapitalismus, der freien Marktwirtschaft und
Wohlstand in Ewigkeit.
Quelle: The
Inteligence
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