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Drachenwut's PolitikblogPolitische KorrektheitPolitische Korrektheit (dengl. pollitickel koräktnäss) ist heutzutage, dass logisch-auf sich beruhende Gegenteil von faktischer Korrektheit. |
Ein neues Israel entsteht
Von Gideon Levy
Seit Anfang November 2011 berichten israelische Medien, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen Gesetzentwurf seiner „Likud“-Fraktion unterstütze, wonach israelischen Organisationen verboten werden solle, jährliche Zuwendungen von ausländischen Regierungen und Einrichtungen – so auch von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union – über 20.000 NIS (~ 4.500 Euro) für ihre politische Arbeit anzunehmen…
Damit werde, so
heißt es in dem Gesetzentwurf zur Begründung, unter dem Vorwand
der Menschenrechtsarbeit in
politische Debatten und in
die Politik des Staates
Israel eingegriffen. Netanjahus Koalitionspartner „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel“) mit Außenminister Avigdor Lieberman an der Spitze verwahrte sich gegen den Alleingang der „Likud“-Fraktion: Der Gesetzentwurf
stamme ursprünglich von ihr und der jetzige
Vorstoß des „Likud“ sei mit ihr nicht
abgesprochen. „Israel Beiteinu“ favorisiert eine
gesetzliche Regelung, wonach israelische NGO’s, die keine israelischen Mittel erhalten, von ihren auswärtigen Zuwendungen 45 Prozent als Steuer an
den Staat abführen müssen.
Am 10. November forderten
die USA und die Europäische Union Netanjahu
auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen,
weil ansonsten der Anspruch Israels
als Demokratie beschädigt werde. Am 13. November wurde
der Gesetzentwurf vom zuständigen Knesset-Ausschuss gebilligt. Eine zweite Gesetzesvorlage
mit dem Ziel,
die Richter am Obersten Gerichtshof
nach religiösem und / oder politischem
Kalkül auszuwählen, ist vorerst zurückgestellt
worden.
Gideon Levy, Redakteur der liberalen
Tageszeitung „Haaretz“, wirft einen düsteren
Blick auf die Zukunft, die
Israel bevorsteht (Auszüge).
Der Beitrag erschien unter dem Titel „A new Israel in the
making“ in „Haaretz“ am
13.11.2011. Übersetzung von Reiner Bernstein, München.
„Eines
nicht so fernen Tages werden wir
in einem anderen Land aufwachen, einem Land, das jetzt entsteht. Es wird nicht wie
das Land ausschauen, das wir
kennen, das bereits mit Makeln, Verzerrungen
und Krankheiten behaftet ist. Und wenn
wir uns dessen
bewusst werden, wird es zu
spät sein. Dann wird das alte
Israel in glühenden Worten beschrieben werden, ein Modell der
Demokratie und der Gerechtigkeit im Vergleich zu der
neuen Version, die Gestalt annimmt,
wenn wir unsere Augen schließen,
einen Tag um den anderen, neue Gesetze nach
dem letzten.
Die Art des Lebens in dem neuen
Israel, in dem wir leben und sterben, wird uns überhaupt
nicht an
das Land erinnern, das wir
gewohnt sind. Sogar dieser Artikel wird nicht zur
Veröffentlichung kommen.
Nur anständige Meinungsäußerungen werden in Druck gehen, jene,
die von dem neuen staatlich geförderten Journalisten-Verband genehmigt worden sind,
dessen Leute in jedem Nachrichtenbüro sitzen, damit es
keine Abweichung von dem verbindlichen Meinungschor gibt. (…)
In nicht allzu ferner Zukunft wird die urbane Landschaft anders aussehen. Was heute in Jerusalem geschieht, wird sich morgen im ganzen Land abspielen, wenn das äußere Erscheinungsbild der Frauen aus der Öffentlichkeit verbannt ist. Heute Jerusalem, morgen das ganze Land. Separate Busse und Straßen für Männer und Frauen. Im Radio und im Fernsehen werden nur Männer singen. Von einem bestimmten Zeitpunkt an werden Frauen aufgefordert sein, ihren Kopf zu bedecken. Dann werden die Männer an der Reihe sein. Sie werden davon abgehalten werden, glattrasiert oder ohne Kopfbedeckung aufzutreten. Dieser Tag wird nicht lange auf sich warten lassen.
Die Städte
werden am Shabbat geschlossen
sein. Kein Geschäft oder
kein Kino wird öffnen. Dann kommt
das Fahrverbot am Shabbat. Nicht-koschere Restaurants werden verboten. Mesusot [Pergamentrollen gem. 5. Moses 6,4-9 + 10,13-21] sind am Türpfosten eines jeden Zimmers in jedem Haus verlangt.
Paare, die nicht beim Rabbinat registriert
sind, werden
nicht zusammenleben dürfen, und Paare, bei denen nur
ein Teil jüdisch ist, werden
sofort abgeschoben. Unverheiratete Paare werden daran gehindert,
in der Öffentlichkeit Arm
in Arm zu gehen.
Einmal im Monat werden alle
Schulkinder Solidaritätsbesuche
in Siedlungen der Wesbank abstatten. Jede Unterrichtsstunde
wird mit dem Singen der
Nationalhymne und einem ehrerbietigen Gruß an die Fahne beginnen.
Wer nicht in der Armee dient,
verliert seine Staatsbürgerschaft
und wird abgeschoben.
Und der jüdische Staat
wird eine jüdische Knesset haben. Zuerst wird
Arabern untersagt, für das Parlament in eigenen Parteien zu kandidieren. Dann werden sie überhaupt
nicht mehr gewählt werden dürfen. Bis dahin werden Abgeordnete
dauerhaft [des Plenums] verwiesen,
die nicht zu Beginn jeder Sitzung
die Nationalhymne mit den Worten der „Sehnsucht
der jüdischen Seele” singen.
Araber wird das Recht einer Hochschulausbildung
verwehrt, mit Ausnahme einer symbolischen Quote, die der Shin
Bet [Inlandsgeheimdienst] festlegt.
Es ist verboten, an Araber zu vermieten,
es sei denn
in ihren eigenen Städten und Dörfern, und die arabische Sprache wird verboten sein. Die Poesie des arabischen Dichters Machmud Darwish und seiner jüdischen Landsleute Aharon Shabtai und Yitzhak Laor wird auch verboten. Amos Oz, A.B.
Yehoshua und David Grossman werden
sich zu entscheiden
haben. Wie alle Staatsbürger wird von ihnen verlangt, sich als Zionisten
zu bekennen, bevor [ihre Werke]
veröffentlicht
werden.
Die Westbank
wird annektiert, aber die dort
lebenden Palästinenser gehören nicht dazu.
Linke Organisationen werden als
illegal erklärt, und ihre Führer werden verhaftet.
Die Regierung veröffentlicht
eine Schwarze Liste jener Personen,
die anstößige Ansichten vertreten. Sie dürfen das Land nicht verlassen oder
mit ausländischen Medien sprechen. Nur jemand, der
Juden ermordet, wird als
ein wirklicher Mörder gelten, und die Melderegister werden in zwei Teile aufgeteilt
werden, in eines für Juden und eines
für Nicht-Juden. Die Todesstrafe wird nur an Arabern vollzogen.
Besondere Vorschriften
wird Siedlern das Recht einräumen, jeden Teil der
Westbank zu kontrollieren, und die militärische
Zensur wird jede Nachricht verhindern, welche „die Stärke der Israel Defense Forces beschädigen“ könnte. Der Oberste Gerichtshof
wird nur als Berufungsgericht
arbeiten und wird nicht direkte Petitionen
zu Bürgerrechtsverletzungen
annehmen können. Richter
des Obersten Gerichtshofs werden von der Knesset und freiwerdende Positionen von der Knesset für Siedler aus der
Westbank, für Rabbiner und für Mitglieder der Parteien reserviert sein, die an der
Macht sind. Nur religiöse Richter dürfen am Obersten Gericht arbeiten. Rabbinern wird Rechtsimmunität ähnlich der für
Abgeordnete eingeräumt.
Jede Kriegserklärung oder jedes
Friedensabkommen bedarf der Zustimmung von Seiten des Rates der Torah-Weisen.
Eigentlich braucht man nicht viel Phantasie für all das. Die Zukunft ist jetzt. Die Revolution ist im Gange. Wartet nur ab, was noch kommen wird.“
Quelle: Haaretz 13.11.2011
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