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Drachenwut's PolitikblogPolitische KorrektheitPolitische Korrektheit (dengl. pollitickel koräktnäss) ist heutzutage, dass logisch-auf sich beruhende Gegenteil von faktischer Korrektheit. |
Zurück zur Sozialdemokratie der 70er Jahre?
Dies ist eine Stellungnahme zur Krisenpolitik der EU konkreter ein “Wegweiser”, die von zahlreichen Wissenschaftlern unterschrieben wurde:
Sich die unterzeichnenden Wissenschaftler ansehen
Zusammenfassung in Kürze:
"Die von der EU verordneten Kürzungsprogramme haben in den betroffenen Ländern das Gegenteil von dem bewirkt,
was sie erreichen sollten. Nicht nur die Wirtschaftskrise wurde verschärft, sondern auch noch
die Schuldenkrise selbst.
Die betroffenen Länder werden systematisch in die Rezession getrieben. Schuldenbremsen
und Stabilitätsversprechen sind
in einer solchen Situation reine Augenwischerei."
Das ist ein Verriss
der EU-Politik gegen Länder wie
Griechenland und Italien. Für die Unterzeichner steht die EU vor der Alternative, entweder auseinander zu fallen oder eine
Wirtschaftspolitik zu betreiben, die eine Abkehr von den Dogmen des Ordoliberalismus bedeutet. Neben einer Transaktionssteuer
und Kapitalkontrollen werden
auch die Einführung eines Mindestlohns und eine Entschuldung gefordert.
Das Programm liest sich wie ein
Regierungsprogramm der Sozialdemokraten der 70er Jahren, als
Reformen noch mit der Verbesserung
der Lebensverhältnisse der Mehrheit der
Menschen und nicht mit weiteren Kürzungen
und Belastungen
assoziiert wurden.
Stellungsnahme:
Finanzmärkte regulieren und Einkommen gerecht verteilen
Die öffentliche Diskussion
um die „Schuldenkrise“ vor allem in Griechenland, aber auch Irland,
Portugal, Spanien und Italien
geht von einer falschen Diagnose aus und kommt so zu einer
Therapie, die das Problem verschärft
und nicht beseitigt. Es war
keineswegs die Prasserei der öffentlichen Hand, die zu den aktuellen Zahlungsschwierigkeiten der Länder des Euro-Raums geführt hat.
Ursache des hohen Schuldenstandes
war die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise,
die vergleichsweise harmlos
als Hypotheken-Kredikrise
2007 in den USA begann, sich
dann aber zu einer globalen
Krise von historischem Ausmaß weiterentwickelt hat. Es handelt sich dabei
um eine Krise des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus,
der auf spekulativen Blasen beruht, die zwangsläufig irgendwann platzen müssen. Als es soweit war, waren die Banken von Insolvenz bedroht und die Staaten eilten ihnen mit
Milliardenkrediten und Bürgschaften
zur Hilfe. Gleichzeitig führte die Kreditklemme der Banken zu einer
Rezession, wie man sie seit 1949 nicht
mehr erlebt hatte. Damit stiegen
die Ausgaben der Staaten extrem und die Einnahmen brachen weg. Die „Schuldenkrise“ ist also keine
neue Krise, sondern die Fortsetzung der globalen Finanzkrise.
Dazu kommt das Problem, dass der Eurozone
eine einheitliche Sozial-, Steuer- und Lohnpolitik fehlt, weil die marktradikale Ideologie trotz einheitlicher Währung an der Konkurrenz der Euro-Staaten auf den Weltfinanzmärkten festhielt.
Die von der EU verordneten
Kürzungsprogramme haben in
den betroffenen Ländern das
Gegenteil von dem bewirkt, was sie erreichen sollten. Nicht nur die Wirtschaftskrise
wurde verschärft, sondern auch noch
die Schuldenkrise selbst.
Die betroffenen Länder werden systematisch in die Rezession getrieben. Schuldenbremsen und Stabilitätsversprechen
sind in einer
solchen Situation reine Augenwischerei.
Dagegen wurde das Prinzip
des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus
nicht angetastet. Die angebliche Regulierung
der Finanzmärkte durch neue EU-Gesetze
folgte dem Irrglauben, Transparenz der Märkte führe
zu erhöhter Sicherheit. Die Banken-Stresstests
erweisen sich als Fata Morgana
– tatsächlich würden die Banken eine Griechenlandpleite
nicht überleben und deshalb sollen jetzt wieder die Staaten nach dem
Willen der EU frisches Geld zur Verfügung stellen. Das Prinzip der Kapitalverkehrsfreiheit
wurde nicht angetastet, die Finanzmärkte bleiben unreguliert, und die Banken und Anteilseigner streichen weiter, ohne selbst Leistung
erbringen zu müssen, hohe Gewinne
ein.
Europa steht vor der Wahl, in der Krise auseinander zu fallen oder
Wege zu einem
anderen Wirtschaftsmodell einzuschlagen. Erste Schritte auf diesem Weg müssen in der
Entmachtung der „Finanzindustrie“ durch eine scharfe Regulierung
und die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen
bestehen. Der Anteil leistungsloser Einkommen am Volkseinkommen ist drastisch
zu senken, indem z.B. Spekulationsgewinne
hoch besteuert werden und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt
wird, die die Finanzmärkte deutlich entschleunigt. Gleichzeitig sind z.B.
über Mindestlöhne die Einkommen der arbeitenden
Menschen zu erhöhen. Ein Schuldenschnitt
ist unvermeidbar,
es kommt aber dabei darauf
an, wie er gestaltet wird. Es braucht ein Verfahren,
das es ausschließt, dass weiter die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert werden. Das Hoffen auf eine freiwillige Beteiligung der Finanzindustrie ist
müßig. Die Banken müssen einer gesellschaftlichen
Kontrolle unterworfen werden, große Vermögen
müssen durch die Einführung einer Vermögenssteuer an den Kosten der Krise
beteiligt werden.
Das ist das Gegenteil der vorherrschenden
Krisenpolitik, einer Krisenpolitik, die hoffnungslos delegitimiert ist. Die Menschen empören sich darüber, dass
die Politik die Interessen der 99% ignoriert und die Demokratie dem sog. freien Markt unterordnet. Mit der Occupy-Bewegung
entsteht weltweit Widerstand gegen diese Politik. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich der Bewegung
anzuschließen.
Unterzeichnende Wissenschaftler
v Prof. Dr. Elmar
Altvater (FU Berlin, em.)
v
Prof. Dr. Thea Bauriedl (LMU München)
v
Prof. Dr. Armin Bernhard (Universität Duisburg-Essen)
v
Prof. Dr. Adelheid Biesecker (Universität Bremen, em.)
v
Prof. Dr. Ulrich Brand (Universität Wien)
v
PD Dr. Achim
Brunnengräber (FU Berlin)
v
Dr. Axel Bust-Bartels (Volkswirt, Göttingen)
v
Prof. Dr. Christoph Butterwegge (Universität zu Köln)
v
Dr. Christian Christen
(Referent für Wirtschaftspolitik
im Bundestag)
v
Prof. Dr. Wolfgang Däubler (Universität Bremen)
v
Prof. Dr. Ulrich Duchrow (Universität Heidelberg)
v
Tanja von Egan-Krieger (Universität Greifswald)
v
Prof. Dr. Trevor Evans (HWR
Berlin)
v
Prof. Dr. Andreas Fisahn (Universität Bielefeld)
v
Prof. Dr. Heide Gerstenberger (Universität Bremen, em.)
v
Prof. Dr. Frigga Haug (Universität
Hamburg, em.)
v
Prof. Dr. Wolfgang Fritz Haug (Berliner Institut für kritische Theorie)
v
Prof. Dr. Eckhard Hein (HWR Berlin)
v
Prof. Dr. Peter Herrmann (Universität Cork)
v
Prof. Dr. Rudolf Hickel (Universität Bremen)
v
Dr. Anne Karrass (Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag)
v Dr. Harald Klimenta
(Physiker)
v Dr. Heike
Knops (Pfarrerin)
v Prof. Dr. Reinhart
Kößler (Arnold Bergstraesser
Institut)
v
Prof. Dr. Michael Krätke (University Lancaster)
v
Prof. Dr. Hans-Jürgen Krysmanski (Universität Münster)
v
Prof. Dr. Stephan Lessenich (Universität Jena)
v Dr. Nicola Liebert
(Journalistin)
v
Prof. Dr. Camille Logeay (HTW Berlin)
v
Prof. Dr. Ingrid Lohmann (Universität Hamburg)
v
Prof. Dr. Birgit Mahnkopf (HWR Berlin)
v
Prof. Dr. Mohssen Massarrat (Universität Osnabrück, em.)
v
Prof. Dr. Klaus Meschkat (Universität Hannover, em.)
v
Prof. Dr. Urs Müller-Plantenberg (Zentrum für Lateinamerika-Studien)
v
Dr. Wolfgang Neef (TU Berlin)
v
Prof. Dr. John-Peter Neelsen (Universität Tübingen)
v
Dr. Silke
Ötsch (Universität
Innsbruck)
v
Prof. Dr. Norman Paech (HWP Hamburg, em.)
v
PD Dr. Ralf Ptak (Universität zu Köln)
v
Prof. Dr. Jörg Reitzig (FH Ludwigshafen)
v
Prof. Dr. Rainer Rilling (Rosa Luxemburg Stiftung)
v
Prof. Dr. Roland Roth (HS
Magdeburg-Stendal)
v
Dr. Thomas Sablowski (Justus-Liebig-Universität
Gießen)
v
Prof. Dr. Michael Schneider
(Filmakademie Baden-Württemberg)
v Gerd Siebecke
(Verleger)
v
Dr. Malte
Schophaus (FHöV Köln)
v
Prof. Dr. Christian Spatscheck (HS Bremen)
v
Prof. Dr. Gerd Steffens (Universität
Kassel, em.)
v Stefan Thimmel
(Rosa Luxemburg Stiftung)
v
PD Dr. Heike Walk (FU
Berlin)
v
Prof. Dr. Isidor Wallimann (FH Basel)
v Dr. Winfried
Wolf (Redakteur)