Kann die Bank Spargelder verleihen?

 

Wenn Sie bis hierher gelesen haben, werden Sie wohl nicht überrascht sein, wenn ich Ihnen nun beweise, dass die Bank keine Spargelder verleiht.

 

Spareinlagen sind Bankpassiva, d.h. Verbindlichkeiten, Schulden der Bank. Schulden kann man nicht verleihen. Damit wäre eigentlich alles gesagt.

 

Bargeld ist eine verbriefte Forderung einer Geschäftsbank gegen die Zentralbank, haben wir vorne festgestellt, nicht wahr? Wenn ich also Bargeld der Bank übergebe, dann hat es die Bank nachher. Da ich der Bank das Bargeld natürlich nicht zu schenken gedenke, macht sie mir eine Gutschrift auf dem Konto. Jetzt habe ich also eine Forderung gegen die Geschäftsbank auf Bargeld, einen Bargeldanspruch.

 

Somit ist klar, dass wir das Bargeld nicht mehr besitzen, denn wir haben ja nun den Anspruch gegenüber der Geschäftsbank. Sonst hätten wir ja unser Geld verdoppelt, wenn wir auf das Bargeld zusätzlich noch ein Anrecht auf Bargeld gegen die Geschäftsbank hätten. Also kann die Geschäftsbank mit dem Bargeld machen, was sie will, denn es ist ihr Geld geworden und wir haben eine Forderung auf ihr Bargeld, ein Guthaben, aber wir sind nicht mehr Eigentümer dieses Geldes. Wären wir Eigentümer dieses Bargeldes, dann hätten wir es in der Tasche! Dafür aber natürlich keine Forderung gegen die Geschäftsbank. Ist doch völlig logisch, nicht wahr?


Sie werden mir doch nun sicher Recht geben, wenn ich sage, dass das Geld nicht auf dem Sparkonto liegt, sondern das Sparkonto nur eine Forderung auf Geld ist? Daher ist es für die Bank schlicht unmöglich, Spargelder zu verleihen, denn diese Forderung (= Recht) ist ja ihre Schuld (= Pflicht). Schulden kann man nicht verleihen.

 

Oder mit anderen Worten: Mit der Bargeldeinlage geben Sie der Bank ein Darlehen, einen Kredit. Würden Sie das Geld hinterlegen, erhielten Sie keinen Zins, sondern müssten Gebühren für die Aufbewahrung des Geldes bezahlen. Dann stünde das Geld natürlich weiterhin in Ihrem Eigentum und es wäre der Bank untersagt, es anderweitig zu verwenden.


Wer also in Verkennung dieser unbestreitbaren Tatsachen weiterhin behauptet, dass die Bank unser Spargeld weiterverleiht, soll erklären, wie sie das denn angeblich macht!


Diejenigen, die behaupten, die Bank verleihe unser Geld, verwechseln Geld (= Forderung) mit einer Sache (= Ding). Eine Forderung ist aber kein Ding, sondern ein Recht, ein Forderungsrecht! Dementsprechend ist eine Forderung im Gesetz auch ganz woanders geregelt (Vertragsrecht) als eine Sache (Sachenrecht). Geld ist das im Geldschein verbriefte Recht, also der auf einem farbig bedruckten Zettel beurkundete Anspruch auf einen Wert, der die Urkunde erst wertvoll macht. Der Geldschein an sich ist zwar ein Ding, aber ohne das innewohnende Forderungsrecht wertlos. Andersherum kann man auch sagen: ein Geldschein ist ein Schuldschein einer Zentralbank gegenüber einer Geschäftsbank. Daher ist es wichtig zu unterscheiden zwischen Geld und Geldschein. Das Wort Buchgeld stammt davon ab, dass es nicht wie Bargeld verbrieft, sondern nur in der Bankbuchhaltung (Grundbuch, Hauptbuch) vermerkt ist. Bei Buchgeld gibt es keinen Geldschein, und trotzdem ist es Geld - wie der Name schon sagt -, weil es die entscheidende Forderung beinhaltet: die von einer Bank anerkannte Bargeldschuld. Das verstehen die meisten Menschen intuitiv - nicht so aber viele Ökonomen und Zentralbankpräsidenten... Es käme wohl keinem Normalsterblichen in den Sinn, einen uralten, verfallenen Geldschein noch als Geld zu bezeichnen, weil er weiss, dass der Geldschein keinen Wert, kein Recht mehr innehat und daher kein Geld mehr ist...

Autor: Oeconomicus criticus