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Nebenbei

Exkurs

Die Initianten:
Quelle: http://www.vollgeld-initiative.ch/fa/img/Bestell-Liste-Abbildungen/neu_Tectum_Leseprobe_Mayer-Huber-VOLLGELD.pdf

Ganz abgesehen von den allgemeinen Feststellungen auf der Seite Vollgeld, verleihen die Banken kein Geld, sondern sie geben Kredit. Leihe ist die vorübergehende Überlassung einer Sache zu unentgeltlichem Gebrauch (Art. 305 OR). Auch ein Darlehen kann es nicht sein, denn ein Darlehen verpflichtet den Darlehensnehmer lediglich zur Rückerstattung in gleicher Menge, also ohne Zins (Art. 312 OR). Ein Kredit hingegen ist zinspflichtig:
Und auch das Wort Anleihe (Schweiz: Obligation) kann zum Wort "leihen" nicht beigezogen werden, denn Anleihen sind "schriftliche, auf feste Beträge lautende Schuldanerkennungen, die zum Zwecke der kollektiven Kapitalbeschaffung oder Anlagegewährung oder der Konsolidierung von Verbindlichkeiten in einer Mehrzahl von Exemplaren ausgegeben werden, namentlich Anleihensobligationen (...)" (Art. 4 Abs. 3 StG).

Niemand spricht von einem Bankdarlehen; der Volksmund weiss es wieder einmal besser als die hochdekorierten, aber umso realitätsferneren Herren Vollgeld-Professoren: Banken gewähren Kredite.

Weder das Bankengesetz (BankG) noch die Bankenverordnung (BankV) sprechen von Darlehen von Seiten der Banken! Die Bankverordnung benennt einzig auf der Passivseite(!) Pfandbriefdarlehen.

Das Wort "leihen", das die Initianten verwenden, hat also nichts mit der Realität zu tun, sondern ist einmal mehr Neusprech... Wer einen Begriffssalat im Kopf hat, kann nicht klar denken.

Was ist ein Kredit?
Auch hier wieder das Wort "ausgeliehen" statt z.B. das Wort "überlassen".

Wenn ich jemandem Geld leihe, so ist es für mich vorerst nicht mehr verfügbar. Wenn eine Bank jemandem Geld "leiht", so ist das Geld zumeist weiterhin für die Gesamtheit der Banken verfügbar - oft sogar für die betreffende Bank.

eigene Darstellung

Zudem ist es relativ unüblich, dass man den Kredit bar bezieht, was bei Darlehen von Privatpersonen aber die Norm ist. Selbst wenn die Privatperson das Darlehen mittels Buchgeld gewährt, ist es für sie vorläufig nicht mehr zugreifbar.
Im übrigen: Niemandem käme es in den Sinn zu behaupten, dass ein Lieferant die Ware dem Warenempfänger leiht. Nein, der Lieferant gibt dem Warenempfänger Kredit... (daher auch das Wort Kreditor - auch die Bank führt die Guthabenkonti der Kunden unter "Kreditoren" und die Kreditkonti unter "Debitoren") - auch gibt der Lieferant dem Kunden normalerweise kein Darlehen... Wieso also spricht man, ums Himmels Willen, bei Banken von "leihen"? Banken gewähren Kredite! Dementsprechend wird auch im Bankgeschäft von Kreditnehmer und -geber gesprochen - im Gegensatz zu privaten Darlehensverträgen, wo von Darlehensnehmer und -geber gesprochen wird.

Daher bucht eine Bank einen Kredit normalerweise Kredit/Buchgeld. (Weitere Bemerkungen und Ergänzungen dazu siehe vorne.)
Eine Privatperson hingegen kann so nicht buchen. Sie bucht daher Darlehen/Kasse und fertig1.

Kredit laut Duden:

Begriffsursprung von Kredit: lat. credere = glauben, vertrauen.

In Deutschland sieht die Sache ein wenig anders aus - aber wir sprechen hier über die Initiative in der Schweiz:

Siehe § 32 KWG
, (Bewilligung nötig für das Kreditgeschäft), § 19 und § 21 KWG Definition Kredit. Auch das KWG trennt die Begriffe Darlehen und Kredit nicht sauber; § 488 ff. BGB spricht beim Darlehen gar von Zins. Für gewerbsmässige Kredite ist also eine staatliche Bewilligung nötig im Gegensatz zu Darlehen, die jederman gewähren darf, dies besagt ja die Gesetzessystematik: Bürgerliches Gesetzbuch vs. Kreditwesengesetz. Wieso heisst denn das KWG (Kreditwesengesetz) nicht DWG (Darlehenswesengesetz)? Banken unterliegen eben, wegen ihrer umfassenden, gewerbsmässigen Kredittätigkeit - nicht Darlehenstätigkeit! - einer Spezialgesetzgebung!


Wo man auch hinschaut auf der Seite vollgeld-initiative.ch: lauter Unwahrheiten!
http://www.vollgeld-initiative.ch/fa/img/Stellungnahmen_deutsch/2015_10_Interpellation_15.3391_Def._Stellungnahme.pdf (S. 4)

1. Werden die Münzen von der SNB gekauft, sie bucht: Sonstige Aktiven (Münzen)/Guthaben Swissmint. Das Guthaben der Swissmint ist also eine Schuld der SNB... - also nix da mit "schuldfrei", wie sie behaupten.
Zudem können die Münzen ja nicht einfach geschaffen werden ohne Löhne zahlen zu müssen, das Material einzukaufen und die Swissmint zu bauen und die Maschinen hineinzustellen...

2. Die Münzen werden in der Bilanz der SNB geführt:

https://www.snb.ch/de/mmr/reference/annrep_2016_jahresrechnung/source/annrep_2016_jahresrechnung.de.pdf (S. 178)

Auch da haben die Initianten offensichtlich Halluzinationen gehabt...
Karikatur "Luftschloss": G. Ugus; Bildquellen: Pixabay.com

Fazit: Realitätsverlust ist eine ernste Sache. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!

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1 Eine Bank jedoch bucht m.W. niemals so, sondern es wird immer erst der Kredit gewährt und dem Kunden (oder seinem Gläubiger) ein Guthaben gutgeschrieben (Buchung: Kredit/Buchgeld). Erst danach kann der Kunde (oder sein Gläubiger) über das Geld verfügen (Buchung: Buchgeld/Kasse). Oder aber es wird ihm eine Kreditlimite (meist gegen Hinterlegung von Sicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften u.dgl.) gewährt, dann bucht die Bank Kontokorrent/Kasse.

Autor: Oeconomicus criticus